Özcan Mutlu, Sprecher für Bildungspolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen und Stefanie Remlinger, Sprecherin für Bildungspolitik der grünen Abgeordnetenhausfraktion erklären zu den heute vorgestellten Ergebnissen des Ländervergleiches vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB):
Der Ländervergleich des IQB hat die Bildungsstandards und Kompetenzstände in den sprachlichen Fächern der Sekundarstufe I geprüft. Seit ca. 10 Jahren ersetzt diese Vergleichsstudie die nationale Ergänzungsstudie zur Pisa-Studie (PISA-E). Dieses Mal wurden bundesweit Deutsch und Englisch sowie in einigen Bundesländern das Fach Französisch getestet.
Erfreulich sind die positiven Trends im Fach Englisch. Dieselben Fortschritte müssen auch im Fach Deutsch erreicht werden. 15 Jahre nach dem PISA-Schock sind die schlechten Ergebnisse einzelner Bundesländer, insbesondere Berlin und Bremen, und das große Gefälle zwischen den Bundesländern ein Armutszeugnis. Es besteht dringender Handlungsbedarf vor allem in der Aus- und Weiterbildung des Lehrpersonals und der Qualität des Unterrichts, speziell in Sachen Integration. Länder wie Berlin, in denen viele „Migrationskinder“ beschult werden, liegen auf den hinteren Rängen. Das kann und darf in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland und der vielfältigen Stadt Berlin nicht weiter akzeptiert werden. Berlin muss unbedingt die Mittel für die Sprachförderung überprüfen und den Schwerpunkt auf frühe Sprachförderung und sprachreichen Fachunterricht legen. Wichtig ist, Deutsch als Zweit-/Fremdsprache, aber auch die Mehrsprachigkeit stärker zu fördern. Dies ist nicht nur beutend für die Wertschätzung und somit der besseren Integration, sondern fördert auch die kognitive Entwicklung. Hierfür ist mehr interkulturelle Pädagogik und Sensibilität dringend notwendig.
Positiv zu werten ist, dass das durchschnittliche Zugehörigkeitsgefühl zur Schule in allen Herkunftsgruppen und in allen Ländern hoch ist. Das heißt, die Schulen haben sich auf den Weg gemacht. Die Bildungsinstitutionen stehen in der Verantwortung, bestmögliche Voraussetzungen für ein Leben in einer vielfältigen, offenen und gerechten Gesellschaft zu schaffen und zwar jede Schülerin und jedem Schüler, egal woher die Eltern oder Großeltern herkommen. Nur so kann Deutschland wieder fit für die Zukunft werden. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, den bekannten Herausforderungen mit konkreten Maßnahmen zu begegnen und den Ländern und den Kommunen unter die Arme zu greifen. Wir brauchen eine Bildungsoffensive, die flächendeckend ein inklusives und chancengerechtes Bildungssystem schafft. Die Bundesregierung sollte dafür endlich auch genug finanzielle Mittel bereitstellen.
Konkret heißt dass, die Bundesregierung und insbesondere Berlin müssen die Ergebnisse ernst nehmen und endlich handeln. Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit. Wir brauchen endliche eine Aufhebung des Kooperationsverbotes für die Schulbildung. Wir fordern Bildungsministerin Wanka auf, ihren Widerstand gegen eine Verfassungsänderung mit dem Ziel der Abschaffung des Kooperationsverbotes aufzugeben und dieses mit einem Kooperationsgebot zu ersetzen. Nur so kann der Weg für mehr Bildungsgerechtigkeit frei gemacht werden!
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