Lebenslanges Lernen – Schlüssel zur Integration

Mein Gastbeitrag für den BBB (Bundesverband der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband) e.V.) ist auf Seite 3 zu finden.

Wie heißt es doch so schön: „Man lernt nie aus“. Deshalb ist es wichtig, dass es in unserem Land Institutionen gibt, die sich der Weiterbildung unserer Bürgerinnen und Bürger widmen. Durch Weiterbildungen können Wissen, Fähig- und Fertigkeiten vertieft und berufliche Chancen verbessert werden. In unserer modernen Wissensgesellschaft erfordert stetiger Wandel zunehmend lebenslanges Lernen. Deshalb muss jede und jeder von Anfang an und immer wieder die Chance zum Lernen haben. Es ist unabdingbar, dass Weiterbildung allen Teilen der Gesellschaft zur Verfügung steht und natürlich auch von allen genutzt und wahrgenommen werden kann. Herkunft, Geldbeutel der Eltern, Alter oder Geschlecht dürfen diesen Anspruch auf Bildung nicht einschränken.

Der Weiterbildungsatlas 2016 zeigt jedoch, dass immer noch Herkunft und Wohnort über Weiterbildungsmöglichkeiten und somit auch berufliche Chancen entscheiden. Diese jahrelange strukturelle Ungerechtigkeit setzt sich in der Weiterbildung fort. Das dürfen wir nicht hinnehmen!

Integration ist Bildung und Bildung ist Integration. Auch lebenslanges Lernen durch Weiterbildungen stellt einen wichtigen Beitrag zur Integration dar. Leider gelingt dies nur begrenzt. Ungleiche Bildungschancen reproduzieren sich auch in der Weiterbildung. Seit Jahrzehnten ist das Niveau der Teilnahme und Teilhabe von Menschen mit sog. Migrationshintergrund unterdurchschnittlich.

Ob durch den Zuzug von Geflüchteten oder Zuwanderung von Einwandererinnen und Einwandern – es müssen Angebote entwickelt werden, die ihre soziale Integration ermöglichen und fördern. Zur kulturellen und beruflichen Integration benötigen wir eine Weiterbildungsinfrastruktur, in der Sprachförderung, kulturelle und Arbeitsmarktbezüge sowie berufliche Qualifizierung für Zuwandererinnen und Zuwanderern transparent abgedeckt werden. Hierzu bedarf es auch mehr Anstrengungen in Bezug auf die interkulturelle Öffnung der Anbieter.

Der Arbeitsmarkterfolg hängt vom Bildungsniveau, Sprachkompetenz, Beratung und Vermittlung bei der Arbeitssuche und auch von der Anerkennung der ausländischen Qualifikation ab. Von den Arbeitslosen mit Migrationshintergrund haben mehr als zwei Drittel keine abgeschlossene oder anerkannte Berufsausbildung (bei Arbeitslosen ohne Migrationshintergrund ein Drittel). Seit Mitte 2014 sind mit den Anerkennungsgesetzen die rechtlichen Grundlagen der Anerkennung in Bund und Ländern geschaffen.
Eine gute Umsetzung des Anerkennungsgesetzes leistet einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs und damit zum Arbeitsmarktausgleich. Auch erhöht eine Anerkennung beruflicher Abschlüsse die Einkommen (um rund 28%) als auch die Wahrscheinlichkeit, qualifikationsadäquat beschäftigt zu sein. Hier kommt der Nachqualifizierung und Weiterbildung ein hoher Stellenwert zu. Nachqualifizierungslücken müssen geschlossen werden, insbesondere bei nachfrageorientierten Berufen. Hier steht eine Grundsatzentscheidung an: Wer muss in den Ausbau der Nachqualifizierung investieren? Die Wirtschaft oder der Staat? Diese Frage müssen Politik und FachexpertInnen gemeinsam weiter diskutieren.

Weiterbildung muss sich an alle Bürgerinnen und Bürger richten und das in allen Lebensbereichen. Ob kulturelle Angebote oder die Möglichkeit, Schulabschlüsse nachzuholen – um die Weiterbildung in ganz Deutschland zukunftsfest zu gestalten, muss der Bund für gleiche Chancen sorgen. Statt bildungspolitischer Kleinstaaterei brauchen wir eine gerechte Weiterbildungsförderung, die allen Menschen lebenslanges Lernen ermöglicht. Lebenslanges Lernen muss konsequent gefördert und Weiterbildung als vierte Säule unseres Bildungssystems neben frühkindlicher Bildung, Schulbildung und Berufsausbildung etabliert werden. Nur so können die vorhandenen Potenziale auch ausgeschöpft werden.

Özcan Mutlu, Sprecher für Bildungspolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

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